Antonia Ramrath, Klasse 8a, hat im Rahmen der Schreibwerkstatt-AG am Schreibwettbewerb WERRTvolle Schule zum Thema Dankbarkeit teilgenommen und mit ihrem Text "Glückskekse" den ersten Preis gewonnen. Die komplette Preisverleihung sehen Sie hier: Preisverleihung 5. Schreibwettbewerb 2025: Dankbarkeit & Wertschätzung | WERTvolle Schulen und Antonias Text finden Sie im weiteren Verlauf dieses Beitrags. Wir gratulieren herzlich zum Gewinn und sind uns sicher, dass wir in den nächsten Jahren noch einiges von Antonia hören und lesen werden.
Text:
Glückskekse
Lu Maira stolperte keuchend auf den Bahnsteig, sprintete auf die sich schließende Tür zu und… verpasste ihre Bahn. „Ach komm schon!“, regte sie sich auf, der Bahn hinterher schauend. Lu war eine durchschnittliche Frau mit schönem, schwarzem Haar, braunen Augen und blasser Haut. Sie arbeitete bei der Anmeldung der Volkshochschule in Grünsteig und hatte diesen Job nur angenommen, weil sie dringend Geld brauchte. Außerdem hatte sie drei Kinder daheim, ihr Mann hatte sie vor Kurzem allein gelassen und sie musste jeden Tag drei Stunden lang mit der Bahn von Tafelblau nach Grünsteig fahren, um ihr Büro zu erreichen. Erschöpft und frustriert ließ sie sich neben einen alten Mann auf die Bank fallen. Er sah auf und verzog sein faltiges Gesicht zu einem freundlichen Lächeln. „Hallo! Ich bin Ernest Arbor“, stellte er sich vor. „Volkshochschule Grünsteig, Maira, guten Tag“, leierte Lu die Worte herunter, die sie immer am Telefon grüßte. Erst als Ernest den Kopf schief legte, bemerkte sie, was sie gerade gesagt hatte, doch Ernest sprach bereits weiter. „Ich arbeite als Glückskeksbäcker“, erklärte er stolz und holte eine kleine Schachtel unter der Bank hervor, „Möchten Sie einen kosten?“ „Nein, nein, vielen Dank“, lehnte Lu ab, obwohl ihr das Wasser im Mund zusammen lief. Dann wurde sie neugierig. „Sie… sie sind wirklich ein Glückskeksbäcker? Dieser Beruf existiert?“, fragte sie. Ernest lachte. „Aber natürlich! Ich backe Kekse und lege einen Zettel daneben, auf dem Nette Sachen stehen! Ich bin ein Ein-Mann-Unternehmen“, antwortete er. Lu war jetzt noch verwirrter als vorher. „Aber besteht der Sinn von Glückskeksen nicht darin, dass der Zettel im Keks ist?“, wunderte sie sich. Ernest grinste. „Nicht bei meinen Glückskeksen“, entgegnete er. Lu beschloss, dass dieser Mann einfach etwas seltsam war. „ACHTUNG, ACHTUNG! DIE LINIE 53 NACH TAFELBLAU VERZÖGERT SICH SECHZIG MINUTEN AUFGRUND VON ÄSTEN AUF DEN SCHIENEN“, posaunte der Lautsprecher durch den Bahnhof. „Das darf doch jetzt nicht wahr sein!“, stöhnte Lu, „Warum passiert das ausgerechnet jetzt?! Warum passiert das ausgerechnet mir?!“ Herr Arbor schaute sie sie von der Seite an. „Wollen Sie jetzt einen Glückskeks?“, fragte er. „Oh, nein, nein, ich habe schon gegessen“, schwindelte Lu.
„Ich schenke ich Ihnen auch!“
„Aber…“
„Bitte“
„Na schön!“, gab Lu nach und das Gesicht von Ernest hellte sich auf. „Wunderbar!“, freute sich Ernest und drückte Lu die ganze Schachtel in die Hand. Sie brauchte einen Moment, bis sie den Verschluss verstand und die Schachtel öffnen konnte. In der kleinen Box lag ein einzelnes, goldgelbes Gebäckstück mit kleinen Nuss- und Schokoladenstückchen darin. Es war der rundeste Keks, den Lu je gesehen hatte und der Duft, der ihr entgegen stieg, war überwältigend. „Guten Appetit und vergessen sie den Zettel nicht!“, verabschiedete sich Ernest, stand auf und verließ den Bahnhof. „Auf Wiedersehen“, murmelte Lu, „und Danke.“ Sie biss in den Keks und riss die Augen auf. Das war so gut! Lu hatte lange nichts so leckeres mehr gegessen. Dann schnappte Lu sich den kleingefalteten Zettel, der unter dem Gebäck in der Schachtel gelegen hatte. Er war rosa mit königsblauer Schrift und ein par Tintenflecken darauf. Noch kauend klappte Lu das Papier auf und las den Spruch, der auf dem Zettel stand: Irgendwer da draußen weiß deine Mühe zu schätzen.
Lu lächelte glücklich auf den Zettel hinunter. Es war eine eigentlich ziemlich kitschige Kombination von Buchstaben, doch trotzdem war es schön, sie zu hören und zu wissen, dass nicht alles umsonst war. Es war verrückt, doch Lu lächelte noch, als ihre Bahn kam und sie keinen Sitz mehr bekam. Sie lächelte auch noch, als sie nach Hause kam und ihre Kinder ins Bett brachte. Und sie lächelte immer noch, als sie schließlich in ihrem eigenen Bett einschlief. Keiner wusste, ob sie je wieder aufhören würde zu lächeln. Warum sie überhaupt damit angefangen hatte, war ihr selbst ein Rätsel. Aber manchmal haben Menschen einfach einen schweren Tag, manchmal brauchen sie einfach nur eine Umarmung und ein par nette Worte. Und es gibt immer eine Möglichkeit, jemanden glücklich zu machen und wenn es nur ein Der-Pulli-steht-dir-echt-gut-! ist
Ende